Arno Camenisch"Du hast noch nicht ausgelernt, sagt der Senn zum Schweinehirten. Zum Senn schaffst du es in diesem Leben nicht mehr, darauf wette ich ein Kalb, vielleicht im übernächsten. Als Senn fällt man nicht vom Himmel, als Senn wird man geboren. Als Schweinehirte auch."
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Aus Sez Ner erschienen 2009 bei Urs Engeler Editor Basel/Weil am Rhein
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Lisa Elsässer
liegt da jetzt wieder schnee von gestern heute schneit es auch ist weiss von schnee ist alter schnee dar unter diesem schönen weissen schnee liegt durch und übergangen es schläft erdwärts tiefes wieder ein bedeckt von schwere losem flaum über dem ein vogel kreisend stäubt als suche auch er nach einem übertünchten bild
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du nicht mehr und ich mehr nur nicht allein nur ohne dich das ist mehr oder weniger nur
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aus OB UND DARIN, erschienen bei der Edition Pudelundpinscher, Unterschächen 2008
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Carl-Christian Elzegehen
immer schneller, schneller gehen, etwas glüht die muskeln warm, weich, heiß in den avenues das glatte knochenspiel, gelenke knicken gleiten als wär ein puppenspieler, der die drähte zieht den schwerpunkt kennt, die glieder wieder äste, gesetz: tanz toter pendel! dann: magnolienblüten, die du liebst, du denkst nicht schneller als sonst, nicht anders als sonst magnolienblüten, die du liebst, du denkst verheddert in den langen drähten magnolienblüten, die du liebst, du denkst du denkst, du sinkst, du denkst verglühst
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aus gänge, Gedichte. Connewitzer Verlagsbuchhandlung, Leipzig 2009
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Andreas GroszDesertion
Die Flucht schien zu glücken. Ich wollte zu meinem Kind und trug die Uniform einer Armee, die es seit vielen Jahren nicht mehr gab: die der Konföderierten. Die vollen Brüste schmerzten, als ich von der Mauer sprang, während Feuerstöße das Haus erschütterten. Ich rannte bis zum Bahndamm, wo gerade die Nostalgiebahn stand, die kleine hübsche Dampflokomotive mit den beiden Reisewagen. Ein Liebhaberverein hatte sie mit viel Fleiß und Detailkenntnis und in tausend Stunden Fronarbeit restauriert. Die Wagen waren leer, nur eine Schaffnerin ging hin und her, glücklich, heiter. Sie nahm mich mit, ohne nach meiner Fahrkarte oder meinem Urlaubsschein zu fragen. Ich wollte nur durch den Berg (denn zu Fuß über ihn hinweg: wie viel Zeit und Mühe hätte das gekostet), nur durch den Tunnel hindurch, eine Strecke von unbedeutender Länge. Es lohnte sich nicht einmal, Platz zu nehmen, und ich unterließ es auch aus Rücksicht aufs neue Samtpolster der Sitzbänke.
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aus Fahnenflucht mit der Lokalbahn, erschienen bei der Edition Pudelundpinscher, Unterschächen 2007
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Christian HallerFenster in die Zukunft oder die heimlichen Freuden
Die Zeitung, die Sie jeden Morgen in Händen halten, ist ein äußerst seltsames Gebilde. Eine Art Blätterteig der Aktualität: Feine Papierschichten, auf denen schwarze Zeilen das Unglück der Welt künden. Die farbigen Bilder der „Crème de la Crème“ machen den Guss aus, und diese „Schnitte“ verspeisen wir jeden Tag mit gleich bleibendem Vergnügen, möchten sie selbst in den Ferien nicht missen, und ein Feiertag ohne Zeitung ist eine staatlich verordnete Strafaktion, die man nur durch ausgiebiges Wandern (alt) oder das Ausüben einer Extremsportart (jung) kompensieren kann. Dass eine Zeitung ein äußerst seltsames Gebilde ist, empfinden wir nicht. Wir sind an dieses raschelnde, ungelenke Ding gewöhnt, wie an die Inhalte auch, die wir – wie alles Gewohnte – nicht wirklich mehr wahrnehmen. Die immer gleichen Bombenattentate, die immer gleichen Kungeleien von Politikern, die gleich aussehenden Stars in den Charts: Die Wiederholung des immer gleichen Elends ist lediglich eine Versicherung, dass die Welt ihren üblichen Lauf nimmt.
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aus Die Stecknadeln des Herrn Nabokov, erschienen im Luchterhand Literaturverlag, München 2010
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Andreas Neeser
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aus Damals an Ostern, in Unsicherer Grund, Erzählungen, erschienen im Haymon Verlag, Innsbruck 2010
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Ulrike Sandig
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Aus Streunem erschienen bei der Connewitzer Verlagsbuchhandlung Leipzig 2007 |
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Dieter Zwicky
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Aus Frau Rosl Zilch macht Ferien und möchte das Geschenk Gottes an die Welt ableiten (Erzählung 2010) |
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